Keine österreichische Fundstelle von Felszeichnungen fand so früh literarische Beachtung, wie die vom Stoderzinken aus leicht erreichbare Notgasse im Kammergebirge. Denn schon 1902 empfiehlt der Bergführer Josef Steiner in seinen „Ennstaler Wanderungen“, den canyonartigen Durchbruch zu besuchen, in der „der Wanderer in der kaum einige Meter breiten, etwa eine halbe Stunde langen Felsschlucht mit hohen Felsmauern Zeichnungen und Namen von hunderten von Jahren herfindet“ und fügt hinzu, dass diese „schauerliche Felsschlucht“ bereits in Zeiten der Römer als Saumweg und später den Salzschwärzern als Steig gedient habe.
Die Kenntnis dieser tief einsamen Felspartie in totaler Gesteinswildnis und ihre Bedeutsamkeit für die Anbringung von Gravierungen, muss in der Bevölkerung des Ennstals und des Ausseerlands jahrhundertelang erhalten geblieben sein. Denn nur so ist es zu erklären, dass neben Gravierungen von mystisch wirkender Symbolkraft eine Reihe von sorgfältig eingravierten Figuren eingeritzt sind, die einen 15 cm großen Pflug, eine Sense, eine Gabel, einen Rechen und einen Getreidesack zeigen. Deren Hersteller lässt sich unschwer ermitteln aus den daneben gesetzten Initialen „I. Sch.“ als der Johann Schröfl. Geboren 1751 und lutherischer Großbauer in Gröbming, der in der Notgasse Abbilder seiner Ackergeräte anbrachte.
Die zeitliche Einordnung der meisten Felsritzbilder wird anhand der doch relativ schnellen Verwitterung der Kerben in das Hoch- und Spätmittelalter sowie in die Neuzeit erfolgen müssen, obwohl sie auf den ersten Blick wesentlich älter wirken. Es ist aber nicht auszuschließen, dass die abstrakten und archaisch wirkenden Darstellungen durchaus vor- und frühgeschichtliche Symbolik vermitteln.
Erst im Jahr 2012 wurde, durch den Verein ANISA unter Leitung von Franz Mandl, eine neue Methode in der Erforschung und Dokumentation der Felsbilder in der Notgasse zum Einsatz gebracht, um einerseits die Erkenntnisse über die z. T. durch Wanderer beschädigten Motive zu erweitern, und sie darüber hinaus für die Nachwelt zumindest in digitaler Form zu konservieren.
Quellen: Ernst Burgstaller, Felsbilder in Österreich; Franz Mandl, Zeichen auf dem Fels